Siamak Haschemi (CEO, Ingenious Technologies) spricht mit Tobias Rast (Senior Customer Solutions Manager, Ingenious Technologies) über das Mysterium: die Cloud. Dabei wird geklärt, was die Cloud eigentlich ist und wie sich die Cloud-Umgebung entwickelt hat. Außerdem geht es um die Vorteile für Nutzer der Cloud und der Ingenious-Reise in die Cloud. Zudem diskutieren Siamak und Tobias, ob Deutsche bzw. Europäer sorgenfrei amerikanische Cloud Provider nutzen können.
#Partnermarketing Podcast – PM.12 mit Dr. Siamak Haschemi und Tobias Rast
In dieser Episode geht es um:
- Was ist die Cloud und wie hat sich die Cloud-Umgebung entwickelt? (01:10)
- Funktionen und Vorteile einer Cloud-Umgebung (2:41)
- Ingenious-Migration vollständig in die Cloud (19:47)
- Was sind Module und was haben sie mit der Cloud zu tun? (31:30)
- Haben wir als Deutsche oder Europäer kein Problem damit, Google als Anbieter zu nutzen? (44:15)
- Was sind die Cloud Vorteile von Ingenious Kunden oder wiederum deren Kunden? (50:41)
Was ist die Cloud und wie hat sich die Cloud-Umgebung entwickelt?
Das Mysterium Cloud kann als Daten- / Rechnerwolke bezeichnet werden und beinhaltet umgangssprachlich alles, was nicht auf meinem Rechner ist und dementsprechend keine direkte Rechner- / Speicherkapazität einnimmt.
Die Entwicklung in Richtung Nutzung einer Cloud-Umgebung wurde durch Amazon angestoßen. Amazon wandelt sich vom Buchhändler zum Internet-/Softwaregiganten. Die Amazoninfrastuktur ist dann enorm gewachsen, sodass sie Rechnerkapazitäten, die sie ursprünglich gekauft hatten, weil sie sie teils bei starkem Ansturm brauchten, (die meiste Zeit) übrig hatten. Diese überflüssige Rechnerkapazität boten sie dann zur Miete an. So entstand AWS: Dienst, der Rechnerkapazitäten vermietet und Amazon wandelte sich von einem Onlineshop zu einem Hoster.
Was sind die Unterschiede zwischen einer Cloud-Umgebung und Hosting?
Kosten spielen eine große Rolle. So zahlen große Unternehmen 100.000 bis Millionen € pro Monat für Serverkapazitäten, wenn sie ihre Daten in eigenen Datenzentren speichern. Außerdem können Startups Infrastrukturen bei Cloud Anbietern anmieten und müssen diese nicht selbst aufbauen. Sie ersparen sich dabei nicht nur enorme Arbeit und Kosten in Form von zusätzlichen Mitarbeitern, sondern senken zudem das Risiko von großen Investitionen. Eine Cloud-Umgebung ist sehr schnell aufbaubar, kann schnell gebucht und einfach mit einer Kreditkarte bezahlt werden.
BTW Sogar Netflix ist Nutzer der AWS Cloud-Umgebung und das obwohl sie im Streamingbereich Konkurrenten sind. Die Zusammenarbeit ist gestartet als Mischmodell (Netflix-internes Datenzentrum und Amazon), bevor 2018 dann der Umzug komplett zu Amazon erfolgte. Mittlerweile ist Netflix der größter Kunde von Amazon (nach Amazon selbst). Damit ist Amazon Marktführer als Anbieter einer Cloud-Umgebung und macht damit mehr Umsatz als mit seinem Onlineshop und allen anderen Diensten zusammen.
Partnermarketing in der Cloud ist …
… für mich Heimat. Denn über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein 😉
Funktionen und Vorteile einer Cloud-Umgebung
Die Cloud-Umgebung unterstützt ihre Nutzer, schneller zu entwickeln, mehr zu experimentieren und auf Serverlasten schnell zu reagieren. Zudem dient der Cloud-Anbieter als Innovationspartner, da er sich aufgrund des Konkurrenzdrucks stets weiterentwickelt bzw. weiterentwickeln muss.
Der vermeintlich größte Vorteil einer Cloud-Umgebung scheint der Kostenpunkt zu sein. Jedoch ergibt sich der Kostenvorteil für Unternehmen erst, wenn (all) die Spezifikationen der Cloud-Umgebung auch tatsächlich ausgenutzt werden. So bietet Google als Cloud-Provider 150 verschiedene Dienste und Amazon sogar 500 verschiedene Dienste an.
Diese Dienste können grob verschiedenen Funktionen zugeordnet werden:
- Infrastructure as a Service: Administrative Arbeiten wie Betreiben einer Datenbank (Backup, Replication, Monitoring), Load Balancer, Security gegen Hacking werden abgenommen durch die cloudbetriebene Datenbank. Dies führt zu einer Erhöhung der Effizienz des Unternehmens, da sich die Mitarbeiter auf das Kerngeschäft konzentrieren können. Zudem profitiert der Kunde von der Erfahrung des Cloud Anbieters.
- Platform as a Service: Die Cloud bzw. Der Cloud-Provider stellt eine Plattform für andere Anbieter (Marktplatz-Gedanke) dar, die ihre Software über die Cloud anbieten (neues Vertriebsmodell). Der Kunde hat dennoch nur die eine Geschäftsbeziehung zu Cloud-Provider und die zusätzlichen Dienstleistungen durch externe Anbieter werden durch den Cloud-Provider gebündelt.
- Function as a Service: Statt einen neuen Code schreiben, einbauen und ausführen zu müssen, muss lediglich die Logik in Programmiersprache geschrieben werden und der Cloud Anbieter kümmert sich um die Verarbeitung zur Anwendung und komplette Umsetzung. So wird die perfekte Umgebung für maschinelles Lernen gefördert.
Gerade in Zeiten von Remote Work hat die Cloud noch einmal enorm an Bedeutung gewonnen. Die Mitarbeiter brauchen nur noch Laptop und können von einem Tag auf den anderen von überall arbeiten, da sie nicht auf einen im Büro stehenden Server angewiesen sind.
Auch wenn eine Cloud-Umgebung scheinbar nur Vorteile hat, muss allerdings nicht eine alles umfassende Entscheidung für einen Cloud-Provider gefällt werden. Zum einen besteht die Möglichkeit einer Multicloud-Strategie. Dabei werden mehrere Cloud-Anbieter genutzt und die Daten und genutzten Funktionen aufgeteilt. Zum anderen bietet eine Hybrid-Strategie die Option, bestimmte Teile der Software im eigenen Datenzentrum zu belassen und andere Teile auf der Cloud zu speichern.
Ingenious-Migration vollständig in die Cloud
Ingenious Technologies war schon immer in einer Cloud-Umgebung, doch erst 2016 erfolgte mit der Migration von Microsoft Azure auf die Google Cloud ein vollständiger Umzug in der Cloud.
Bei dieser Umsiedlung wurden tiefgreifende Veränderungen an der Software-Struktur von Ingenious, kombiniert mit der veränderten Nutzung der Cloud, durchgeführt. Die Cloud von Microsoft Azure wurde lediglich auf der Infrastructure as a Service Ebene genutzt: Server, Speicher, Comput-Power. Nun in der Google Cloud wird die Möglichkeit der cloudnativen Entwicklung in Anspruch genommen. Das bedeutet, Anwendungen werden so angepasst, dass sie in der Cloud optimal laufen. Dieser Schritt hat jedoch keinen direkten Zusammenhang damit, Server in der Cloud zu mieten. Vielmehr hat dies zur Folge, dass eine Software nicht als Monolith, also als ein großes Gesamtprodukt genutzt werden kann. Stattdessen wird die Software in Einzelteile untergliedert, sodass neue Anwendungen der Software geschrieben werden können, ohne dass der Rest beeinflusst wird. Dies fördert die eigenständige Arbeit einzelner Teams und ermuntert sie, experimentierfreudig zu handeln, da jeder Teil der Software in der Cloud-Umgebung unabhängig entwickelt werden und verbessert werden kann. Im konkreten Fall von Ingenious, sah die Entwicklung wie folgt aus: Von 3 Teilen (2017) wandelte sich unsere Software auf ca. 220 (2020) verschiedene (Mini-)Anwendungen unserer Software. Selbstverständlich sind das nicht alles Hauptbestandteile der Ingenious Partner Marketing Platform. Teilweise handelt es sich um zum Beispiel um Monitoring oder interne Reportings.
Die Migration zur Google Cloud beinhaltete außerdem ein kritisches Hinterfragen jeden Teils unserer Software. So wurde jedes Stück Software bewertet, umgeschrieben und immigriert. Der Vorteil von einem Wechsel auf eine andere Cloud ist dabei, dass sehr gut beobachtbar ist, wie weit der Prozess vorangeschritten ist. Daher war der Wechsel von Microsoft Azure zur Google Cloud tatsächlich kein rationaler Grund sondern eher psychologischen Ursprungs.
Was sind Module und was haben sie mit der Cloud zu tun?
Module entsprechen Einheiten, die deployed und released werden können. Bei Ingenious gibt es keine Mikromodule, nicht jede Funktion entspricht einem Modul. Unsere sechs Produkte (Finance, Creatives, Messaging, Integration, Trail, Insights) wären prinzipiell deploybar, aber sehr bzw. zu grob, deshalb werden sie in einzelne Prozesse heruntergebrochen, die dann Module darstellen z.B. Relationship Explorer. Jedes Modul hat dabei einen gesamten Lebenszyklus. Am Beispiel des Relationship Explorers bedeutet dies konkret: eigene API Calls um Relationships anzulegen und abzurufen, eigene Datenstrukturen innerhalb der Datenbank, eigene Events, eigene UI-Komponenten. Die einzelnen Module sind jedoch nicht in der UI für Kunden sichtbar.
Was passiert mit einem Modul, damit es in der Cloud laufen kann? Module werden im Container-Format verpackt und in der Cloud-Umgebung gestartet. Wie viel Serverkapazität ein Modul braucht, ist enorm unterschiedlich, sehr vom Nutzungsgrad abhängig und ist ein voll automatisierter Prozess. Je nachdem wie viel Traffic auf einem Modul ist, skalieren manche Module hoch und runter. Zum Beispiel das Modul zur Erstellung einer Rechnungs-PDF-Datei wird vor allem am Anfang eines jeden Monats verwendet. Wenn gerade niemand eine Rechnungs-PDF-Datei erstellen möchte, ist das Modul heruntergefahren bzw. Auf Standby und verbraucht keine Rechnerkapazitäten und damit auch kein Geld. An Tagen wie Black Friday, an denen hoher Traffic zu erwarten ist, müssen nicht Server manuell dazugebucht werden, sondern mit steigendem Traffic steigt auch die Anzahl der genutzten Server. Und auch unerwarteter Traffic stellt so keine Gefahr zur Überlastung dar.
Haben wir als Deutsche oder Europäer kein Problem damit, Google als Anbieter zu nutzen?
Aufgrund von Datenschutzrichtlinien und Monopolstellungen müssen wir unsere Entscheidungen bewusst treffen. Aber auch als Beteiligter im Partnermarketing-Umfeld spielt Google eine besondere Rolle als größter Fläche zur Werbeausspielung. Jeder Cloud-Provider muss sich an europäische (Datenschutz-) Gesetze halten. Wir wissen durch unsere Verträge mit unserem Cloud-Provider, wie die Datenverarbeitung abläuft, wie die technisch-organisatorischen Maßnahmen sind, wo die Daten liegen und wie sie verarbeitet werden. Das Beispiel Amazon und Netflix zeigt, dass die Datenschutzbestimmungen sehr streng eingehalten werden (müssen), sonst würde Netflix sich nicht auf einen direkten Konkurrenten verlassen.
Wir haben zudem vertraglich festgelegt, dass sämtliche Daten unserer Kunden in Rechenzentren im EU-Raum sind. Außerdem haben wir eigene Maßnahmen getroffen: Die Container, in denen unsere Module liegen, sind ein Standard, der unabhängig von Google oder Amazon ist. Dadurch haben wir eine weitere, cloudunabhängige Ebene eingefügt (Kubernetes) für unsere Anwendungen, wodurch wir flexibel auf eine Multicloud-Strategie oder vollständig in eine andere Cloud wechseln könnten. Wenn etwas im Bereich Datenschutz für unsere Kunden nicht mehr ausreicht, können wir die Reißleine ziehen und umziehen.
Was sind die Cloud-Vorteile von Ingenious Kunden oder wiederum deren Kunden?
Der größte Vorteil ist eine hohe (Lade-) Geschwindigkeit. Dank der Cloud wird der Pagespeed einer Seite nicht beeinträchtigt, nur weil die Werbemittel von einem externen Server kommen. Ein weiterer Vorteil ist das Reporting. So geben wir unseren Kunden Zugriff auf eine endlos wachsende Datenbank. Dabei müssen sie sich keine Gedanken machen über Skalierbarkeit, Kapazität, weitere Server starten usw. Zusammenfassend geben wir kleinen bis mittleren Advertisern/Partnern, Möglichkeiten, die sie aufgrund ihrer Größe (auf direktem Wege) nicht hätten und unterstützen sie, technologisch auf den aktuellsten Stand zu bringen.
Weiterführende Quellen und Links
[Technologie erklärt: Cloud – Video zu diesem Podcast]
Schnitt: Darius Rybacki und Leopold Strauch